Predigt von Generalvikar Prälat Dietmar Giebelmann

Predigt bei der Vesper anlässlich der Investitur der Ritter vom Heiligen Grab zu Jerusalem in St. Peter am 10. Oktober 2015 um 17.30 Uhr

 

Liebe Consorores,
liebe Confratres,

Sankt Peter –
die Kirche, zwischen der Staatskanzlei und dem Landesparlament gelegen,
und zwischen den barocken Türmen von St. Peter, für die Besucher von Weitem sichtbar,
zwischen den Türmen: Maria, die Mutter Gottes,
die den Segen des Sohnes auf die Stadt herabruft,
und auf uns.

Die Fresken in dieser Kirche erzählen vom Leben des heiligen Petrus,
von seiner Berufung in den Kreis der Apostel,
von seiner Verkündigung,
von seinem Weg, den er mit Christus ging,
von seiner Verfolgung,
bis zu der bildhaften Übergabe des Schlüssels des Himmelreiches,
bis zu seinem Tod, zu seinem Martyrium,
aus Demut zum Kreuzestod Christi mit dem Kopf nach unten.
Und schließlich schaut er in einer himmlischen Version die heiligste Dreifaltigkeit
und die Jungfrau Maria.

Und wir sehen an ihm, an diesem Petrus in der Peterskirche, an seinem Beispiel,
dass hier die Kirche dargestellt wird,
in ihrer Berufung, in ihrer Verkündigung,
in ihrem zeichenhaften sakramentalen Handeln,
auch in ihrem Leiden, in der Verfolgung,
in ihrer Treue und auch in ihrer Untreue,
auch in ihrer Vollendung bei Gott.

Gerade bei einer solchen Investitur des Ritterordens vom Heiligen Grab in Jerusalem
erfahren wir, dass Gott auch heute ruft, Männer und Frauen ruft in eine ganz besondere Nachfolge.
Nicht zur persönlichen Heiligung,
nicht zu einer persönlichen Lebenserfüllung,
sondern zu einem Zeugnis
und zu einem Bekenntnis in die Welt hinein.
Das ist das Geheimnis unseres Glaubens, dass wir in dieser Kirche erfahren:
Gott ruft auch heute,
Gott lockt, Gott fleht,
und bittet und bettelt.
Am Ende ist es die Freiheit, ihm zu folgen.

Und gerade Petrus wurde nicht aufgrund seiner Größe, seiner Eloquenz,
seiner beruflichen Vernetzung berufen,
sondern trotz
seines Scheiterns,
trotz seines „ich kenne diesen Menschen nicht!“,
trotz einer drohenden Auseinandersetzung mit den Heidenchristen,
trotz seiner fehlenden Diplomatie,
aber wegen seiner Liebe zu Christus:
du weißt Herr, dass ich dich liebe –
vermutlich war er gar nicht der Lieblingsjünger.
Petrus war nicht der, der an der Brust Jesu lag.
Er war nicht der, dem alle Sympathien auf den ersten Blick zufliegen –
es gibt solche Menschen.
Er musste sich alles durch sein Bekenntnis, seine Treue,
durch seine Verlässlichkeit,
durch seine Bodenständigkeit erarbeiten.

So wie heute seine Kirche,
die Gemeinschaft dieser Kirche,
also auch wir
in einer immer säkularer werdenden Welt
Vertrauen immer neu erarbeiten müssen
durch Verlässlichkeit,
durch Bodenständigkeit,
durch diese Bescheidenheit,
die der Heilige Vater uns vorlebt.

Wir leben nicht in einer gottlosen Zeit,
denn Gott hat diese Welt nicht losgelassen,
er lässt sie nicht fallen,
sie gleitet ihm nicht aus den Händen.
Gott steht in Treue zu uns, zu dieser Welt,
die er uns anvertraut hat,
und diese Zuwendung Gottes
ist Treue,
nie Abkehr –
Gott kehrt sich nicht ab,
Gott wendet sich nicht ab.

Und selbst das Kreuz, das wir tragen, dieses Kreuz ist für uns als Christen Zeichen der Treue,
denn Gott hat Jesus nicht am Kreuz hängen lassen,
Gott hat Jesus am Kreuz nicht vergessen.
Gott lässt niemanden hängen, den er mit Namen gerufen hat,
den er berufen hat,
den er angesprochen hat.
Gott vergisst niemanden, den er gerufen hat.
Vielleicht vergessen Menschen einander,
vielleicht lassen auch Menschen einander hängen –
Gott vergisst niemanden, den er mit Namen gerufen hat.
Wir alle sind einst von ihm mit Namen angesprochen.
Und selbst der Tod ist keine Grenze der Treue Gottes.

Nun verspricht Gott niemandem ein Leben in ewigem Sonnenschein, in Glück, Gesundheit,
bis er irgendwann alterssatt und lebensuntüchtig die Augen schließt,
sondern Gott verspricht uns seinen Beistand
und die Fürsprache der Gottesmutter.

Und mit Petrus schauen wir auf die leidende Kirche,
auf die verfolgte Kirche in aller Welt,
an die wir heute denken müssen,
an die Christinnen und Christen, die von radikalen Terrorgruppen versklavt, verfolgt, getötet werden
– und wir spüren unsere Ohnmacht.
Und im Stillen bitten wir, ganz im Stillen,
dass Gott seine Engel aussenden möge,
damit diese für Recht sorgen und Ordnung
und die Verfolger besiegen.

Aber Gott wird seine Engel nicht aussenden,
denn er hat ja uns –
mit unserer Solidarität,
mit unserem Gebet,
mit unserer Hilfsbereitschaft.

Die Verkündigung unseres Glaubens und auch das Leben unserer Kirche
und auch unsere ganz persönliche Verheißung
endet nicht in irgendeiner Vision,
sondern diese Kirche führt uns in den Himmel hinein.

Maria, von Weitem sichtbar,
zwischen den barocken Türmen von Sankt Peter,
verspricht uns den Segen
und die Fürbitte
und die Gnade Gottes.

Maria,
zwischen den Türmen von Sankt Peter,
möge auch diese Tage,
unsere Tage,
Ihre Tage in Mainz,
begleiten.

Amen.